Urban Felting & Urban Knitting

Ursula Weber-Hejtmanek, Cornelia Bock und dem Ladenkonzept-Team in 1090 Wien


Ein Wanderer mit schmerzenden Füßen traf einen Schafhirten. Er gab ihm Wolle. Der Wanderer wickelte sie sich um die Füße und beim weitergehen verfilzte sich die Wolle. So soll, der Legende nach, vor mehreren tausend Jahren das Filzen entstanden sein.

„Das könnte gut möglich sein,“ sagt Ursula Weber-Hejtmanek, „weil sich nicht entfettete Rohwolle verfilzt.“ Noch heute wird in der Mongolei Filz in ähnlicher Weise hergestellt. Ganze Clans gehen auf frisch geschorener Wolle herum. Dann wird sie auf eine Holzrolle aufgewickelt und hinter einem Ochsen oder Esel über die Felder gezogen. Aus dem Filz werden später u.a mit Gedärmen von Tieren Jurten zusammengenäht. Für nächsten Sommer plant die Urban-Felterin Ursula eine ähnliche Aktion.

„Filzen ist ein wesentlicher Teil der Gemeinwesenarbeit,“ sagt Ursula. Insgesamt haben mehr als 60 Leute Filzstücke gefertigt. Einige davon wurden beim „Urban-Felting“ in der Kolingasse um die Alleebäume genäht. Die Handwerker trafen sich im Geschäft Ladenkonzept, in Gärten und Wohnungen, um gemeinsam zu filzen. Neue Bekanntschaften entstanden zwischen Menschen, die sich sonst wahrscheinlich nie kennengelernt hätten. Leute aus verschiedenen Gesellschaftsschichten freuten sich an der gemeinsamen Arbeit. Unterschiedliche Techniken wurden ausprobiert.

Bei der japanischen Methode, Nuno wird Seide mit Wolle verbunden, beim Strickfilzen wird zuerst ein großmaschiges Stück gestrickt und danach heiß gewaschen. Beim Vintage Felting werden aus alten Textilien wie Seide, Chiffon, Leinen neue Filzstoffe gefertigt. Oder Pullover und Mützen werden zerschnitten und mit 95 Grad gewaschen. Das zu heiß gewaschene Kashmirkleid wird im Zweitleben zum Blumentopf und aus dem alten Pullover ein Rock oder Filzstücke, die in der Stadt drapiert werden.

Die Stadt soll bunter werden. „Mit einer alte Kulturtechnik stellt man Produkte mit Alltagsnutzen her. Sie helfen bei der Psychohygiene und gegen die drohende Winterdepression. Es ist eine bunte, lustige Sache zum Anschauen, die die Seele erfreut. Speziell in einer so bedrückenden und grauen Zeit.“

Gerlinde Hirt ist seit drei Jahren Urban-Strickerin. „Die Idee kommt aus den Staaten“ erzählt sie. „Eine Dame, die sehr lange krank war und im Krankenhaus lag, vertrieb sich die Zeit mit stricken. Nach acht Monaten hatte sie einen überdimensionalen Oktopus fertig, und der wurde in New York an Häusern festgemacht.“Etwa zur gleichen Zeit eroberten die farbenfrohen Stricksachen auch den öffentlichen Raum in Wien.

Gerlinde Hirt sagt, dass Urban-Knitting Streetart sei. Wollene Graffiti, die die Stadt aufwertet. Für sie ist vor allem das Miteinander wichtig. Vor zwei Jahren strickte und häkelte sie gemeinsam mit Senioren aus Floridsdorf und Kindergartenkindern am Donaukanal. Beim Streetlife-Festival im Sommer 2014 fixierte sie mehr als 300 Strickstücke in der Babenbergerstraße. Ein halbes Jahr hatten sie und andere Stadtstrickerinnen Rosen, Fleckerl und Baumsocken vorbereitet.